Zu Tisch: Bistro Vienna

In den kalten, tristen Wintermonaten bin ich schon einmal an dieser grünen Fensterfront vorbeigelaufen. Sieht charmant aus! Was sich dahinter wohl verbirgt? Nun stehe ich wieder vor der gleichen Tür und muss innerlich ein bisschen schmunzeln. Hier ist also dieses „Bistrot Vienna“ – von außen würde man gar nicht vermuten, dass hinter diesen Türen feinste Gourmetküche zubereitet wird.

Kein Wunder, dass das „Vienna“ so lange ein Geheimtipp geblieben ist, nach einem Schild sucht man hier nämlich vergebens. Aber ein Restaurant ohne richtiges Aushängeschild ist nach Berlin-Regeln hip. Superhip, sogar. Mit klassischem Hipstertum hat das „Vienna“ allerdings wenig zu tun – das wird nach Betreten des Restaurants schnell klar.

Bistro-Vienna-Hamburg

Ein hoher Bartresen erinnert an die vielzähligen Pariser Bistros. Der dahinter liegende Gastraum ist klein und versprüht mit einfach-klassischer Einrichtung ein bisschen Wiener-Cafehaus-Charme. Der Gastraum bietet Platz für 30 Personen. Schmale Tische mit rot-weiß karierten Decken im italienischen Stil reihen sich im Zentimeter-Abstand aneinander. Hier wird Arm an Arm gespeist, versehentliches anbandeln mit dem Essensnachbarn ist hier nicht ausgeschlossenen. Ein bisschen verwirrt bin ich nun schon: Handelt es sich hier um ein italienisches Kuschel-Cafe, Wiener Beisel oder doch um ein Bistro?

Damals war es ein Künstlercafe im Wiener-Stil, in dem die so genannten „jungen Wilden“ Platz genommen haben.
Sven Bunge

Küchenchef und Inhaber Sven Bunge erklärt, dass er das „Vienna“ 1978 von einem Österreicher gegründet wurde. Damals war es ein Künstlercafe im Wiener-Stil, in dem die so genannten „jungen Wilden“ Platz genommen haben: Einmal im Monat fanden hier Ausstellungen statt. Bei der Einrichtung hat der deutsche Maler Werner Büttner sogar selbst Hand angelegt. Das hat dazu geführt, dass heute immer noch einige seiner Bilder an den Wänden hängen. Ende der 1980er Jahre hat Sven dann Restaurant und Name übernommen. Mit dem Zusatz des „Bistrot“ wollte er das „Vienna“ als nicht allzu feines, dafür aber für jedem zugängliches Restaurant etablieren.

Wir werden freundlich begrüßt, der Kellner führt uns in den verwachsenen Gastgarten und wir haben der deutschen Pünktlichkeit sei Dank, noch gute Chancen einen Platz zu ergattern. Reservierungen werden hier keine entgegengenommen, zu spät kommende werden auf eine Wartezeit von „1-2 Gläsern“ vertröstet. Wir teilen Tisch und Wort mit einem älteren Ehepaar, ein bisschen komisch ist das schon – ich kann den Speed-Dating-Gedanken irgendwie nicht ganz verdrängen.

Es wäre auch schade sich festzulegen, da es so viele verschiedene, schöne Esskulturen gibt.
Sven Bunge

Nun wird der Blick allerdings wieder aufs Wesentliche gerichtet: Beim Betrachten der selbstgeschriebenen Speisekarte muss zuallererst ein bisschen Detektiv-Arbeit geleistet werden. Nach erfolgreicher Entzifferung wird schnell klar, dass hier über die deutsch-österreichisch- französichen Grenzen hinausgekocht wird: „Es wäre auch schade sich festzulegen, da es so viele verschiedene, schöne Esskulturen gibt“, so Sven. Auch im Speisekarten-Ablauf will man sich nicht festlegen. So gibt es ein paar Gerichte, die immer auf der Karte stehen, ansonsten werden immerzu wechselnde Speisen angeboten.

Als Vorspeise konnten wir beispielweise zwischen einer „Spargelcremesuppe“ (5 Euro) oder auch einem gemischten Salat (5 Euro) wählen. In der Auswahl der Speisen ist es Sven besonders wichtig, schon im vornherein niemanden auszugrenzen. Deswegen werden Gerichte wie „Labskaus mit Rollmops, Spiegelei und Rote-Bete“ oder „Gebratene Lammleber mit Kichererbsen und Salsa Verde“ für nicht mehr als 10 Euro angeboten. Ein täglich wechselndes Menü (25 Euro), beinhaltet mal Fisch, Fleisch oder mal vegetarische Gerichte.

Hier möchte man gerne Stammgast sein.
Pia Scheiber

Was uns schon vor dem ersten Gang auffällt: Hier möchte man gerne Stammgast sein. Das Ehepaar neben uns wird auf feinste Weise vom Kellner betüdelt, lässt sich Nachspeisen-Wünsche von den Augen abgelesen – kulinarische Grüße aus der Küche inklusive. Aber auch für Erst- Besucher ist der Service auf ehrliche Weise nett und zuvorkommend – wir fühlten uns von der ersten Sekunde an pudelwohl.

Als Vorspeise kam uns ein schlicht-schmackhafter gemischter Salat mit Tomaten, Karotten und Chicorée entgegen und verpasste uns zusammen mit der Weinempfehlung, dem „österreichischen Riesling“ (0,2l 7 Euro), den ersten Gaumen-Kick. Zu diesen Zeitpunkt musste mich mein Fotograf Titanic-Like daran erinnern, dass das Besteck von außen nach innen benutzt wird – Jack, I can feel you.

Hier wird alles von Hand gerührt, geknetet und gekocht.
Pia Scheiber

Als Hauptspeisen wählten wir zum einen den „Spargel mit Frühkartoffeln, zerlassener Butter und Sauce Hollandaise“ (18 Euro) und zum anderen einen „Oktopus Ricotta-Ravioli mit Tomaten und weißen Bohnen“ (15 Euro). An dieser Stelle jagte ein „Mhhh“ das nächste – der Spargel war kein bisschen holzig und in seiner Konsistenz perfekt. Vor allem bei der Sauce und den Ravioli merkte man – hier wird alles von Hand gerührt, geknetet und gekocht.

Alle Gourmetkatzen und -kater kommen hier voll auf ihre Kosten.
Pia Scheiber

Gekrönt und getoppt wurde das Ganze von der Nachspeise – den „Topfenknödel mit Zwetschkenröster“ (6 Euro) – wunderbar flaumig, mit Zimt und Zucker bestreut, könnte es besser österreichisch gar nicht sein. Das Vienna bietet qualitativ hochwertige Genussküche zu humanen Preisen an – alle Gourmetkatzen und -kater kommen hier voll auf ihre Kosten.

Ob Beisel oder Bistro: Dem „Vienna“ steckt noch eine ordentliche Portion Wiener-Kaffeehaus- Mentalität in den Wänden. Man pfeifft auf Reservierungen, egal ob zu eng oder zu laut – hier muss man sich nicht in Schale werfen. Und trotzdem überwiegt das „feinere Publikum“ – neben uns wird noch diskutiert, ob das iPad nun mit in den Urlaub nach Monaco darf oder nicht. Aber das Besondere am „Vienna“ ist ja, dass man hier mit den verschiedensten Menschen in Kontakt kommt.

Viele Restaurants haben das Problem, dass sie mit ihren Stammgästen aussterben.
Sven Bunge

Sven Bunge ist mit dem Restaurant alt geworden. Wie so viele seiner Stammgäste auch: „Viele Restaurants haben das Problem, dass sie mit ihren Stammgästen aussterben.“ Umso schöner ist es, dass sich zu den älteren Besuchern auch viele junge Menschen hinzugesellen. Man will sich hier nicht festlegen und das ist auch gut so. Somit ist das Vienna mit Sicherheit nicht nur eines der besten, sondern auch eines der kommunikativsten Restaurants in ganz Hamburg.

Bistro-Vienna-Hamburg

Österreichische Gaumenkicks probieren im Bistrot Vienna

Küchenchef und Inhaber Sven Bunge hat das „Vienna“ 1978 mit einem Österreicher gegründet. Damals war es ein Künstlercafe im Wiener-Stil, in dem die sogenannten „jungen Wilden“ Platz genommen haben: Einmal im Monat fanden hier Ausstellungen statt. Bei der Einrichtung hat der deutsche Maler Werner Büttner sogar selbst Hand angelegt. Das hat dazu geführt, dass heute immer noch einige seiner Bilder an den Wänden hängen. Ende der 1980er Jahre hat Sven dann Restaurant und Name übernommen. Mit dem Zusatz des „Bistrot“ wollte er das „Vienna“ als nicht allzu feines, dafür aber für jeden zugängliches Restaurant etablieren. Hat er mit österreichischen Gaumen-Kicks und leckerem Riesling geschafft! Unser Lieblingsgericht auf der Karte ist auf jeden Fall das wirklich fantastische Schnitzel.

  • Bistrot Vienna
  • Montag – Sonntag: 12–14 Uhr und 18–22 Uhr

Entdecke die besten Restaurants, Bars und Plätze in deiner Nähe.

Zur neuen Karte!
Zurück zur Startseite